Gelächter, herzliche Umarmungen, beschwingte Musik. Und über allem der unverwechselbare Geruch frisch aufgebrühten Kaffees. Eine Party unter Freunden? Nein, das ist, was einen an einer der Amsterdamer Werften auf dem Coffee Festival empfängt. Auf dem dreitägigen Amsterdam Coffee Festival vom 15.-17. Mai hatten nicht nur holländische und europäische Röstereien die Möglichkeit, sich den Kaffeefreunden zu präsentieren. Vor allem traf sich hier die Szene, einige der Köpfe junger Röstereien, die ganz neue Profile wagen und junge Wilde, die mit ihren Ideen die Kaffee-Welt auf den Kopf stellen. Da durfte die Murnauer Kaffeerösterei nicht fehlen, egal ob bei der After-Festival-Party oder dem internationalen Cupping.
Man kennt sich hier oft persönlich – die Hot Spots der europäischen Spezialitätenszene liegen in Berlin, Hamburg, Amsterdam und Skandinavien. Da geben sich Businessmann, Rösterin und PR-Experte die Hand. Die Leidenschaft für Kaffee aber ist, was sie alle verbindet. Es ist ein einziges Phänomen, dass ein kleines, schwarzes Getränk die Macht hat, nicht nur die Weltwirtschaft zu beeinflussen – man denke an die Auswirkungen schlechter Kaffeeernten auf ganze Volkswirtschaften. Sondern es hat die Kraft, Menschen über Grenzen hinweg zu verbinden und zum Nachdenken anzuregen. Markus Reuter, der das Projekt Third Wave Wichteln startete [auch wir sind dabei: https://www.facebook.com/groups/thirdwavewichteln/?fref=ts] formuliert es so: „Kaffee ist nicht nur ein Getränk. Spezialitätenkaffee geht mit einem ganzen Lebensstil einher“. Deshalb geht ein langer Festival-Tag fröhlich bei der gemeinsam organisierten After-Festival-Party mit Koriander-Bier, Snacks und natürlich einem Kaffee-Wettbewerb zu Ende: Drei Stunden lang werden hochkonzentriert der French Press, dem V60 und der AeroPress feinste Kaffeespezialitäten entlockt. Die erste European Brew Fight Night war ein voller Erfolg – nicht weil es ums Siegen sondern um den gemeinsamen Genuss und Austausch ging.
Was also charakterisiert diesen Lebensstil, der Menschen dazu bringt, bis nachts um 10 Uhr Kaffee mit manischer Genauigkeit zu brühen? Nun, wer sich intensiv mit Kaffee beschäftigt, erfährt schnell auch vieles über die Weltwirtschaft, über Biologie, Agrikultur, soziale Ungleichheit, Rohstoffmärkte, Chemie, Genuss und nicht zuletzt einiges über sich selbst und seine Wahrnehmung. Es geht bei all der Liebe zum Kaffee auch darum, eine andere Form zu leben auszuprobieren. Eine, bei der man sich Zeit für den Genuss nimmt. Gemeinsam mit anderen Dinge wie Wissen und Geschmack teilen möchte. Eine, bei der es nicht nur ums Geld geht, sondern darum, gemeinsam über Grenzen hinweg Dinge immer besser zu machen und Begeisterung zu teilen. Eine, von der alle profitieren und einer, die Natur und Mensch nicht ausbeutet. Bewusster Kaffeekonsum kann ein Schritt auf diesem langen, spannenden Weg sein.
Dieser Geist schwebte natürlich nicht über dem gesamten Kaffee-Festival, und es wäre naiv zu behaupten, dass es hier nicht auch ums Geschäft und um Kontakte ging. Doch letztlich kann das auch etwas im Großen verändern, weil die Grundeinstellung eine ganz andere ist. Mit dieser geht auch ein Weiterdenken über den eigenen Tellerrand einher. Das Beispiel Direct Trade macht es deutlich [http://www.murnauer-kaffeeroesterei.de/woran-erkenne-ich-guten-kaffee]. Wer nicht nur etwas verkaufen möchte um des Verkaufens willen, sondern mit Leidenschaft an seinem Produkt arbeitet, weil er damit auch eine moralische Verpflichtung eingeht und persönliche Beziehungen pflegt, leistet damit auch einen Beitrag zum Handel für- und miteinander. Und genauso könnte man wohl das Plädoyer der Murnauer Kaffeerösterei zusammenfassen: Kaffeehandel ja! Aber mit einer neuen Einstellung. Viva la (Café) Revolución!
Hier der Link zum Video der ersten European Brew Fight Night: https://vimeo.com/128605840