Ein gutes Café erkannte man früher daran, dass zum Kaffee immer ein Glas Wasser gereicht wurde. Aber warum war das so? „Weil Kaffee dem Körper Wasser entzieht, das wussten die Leute damals schon.“ Was für viele eine unumstößliche Wahrheit darstellt, ist in Wirklichkeit einer der Mythen rund um Kaffee, der sich hartnäckig hält. Warum das nicht stimmt und welche Geschichte Wasser und Kaffee haben, wollen wir Ihnen heute näher bringen und blicken dabei sogar in ferne Wüsten.

 

Dass Kaffee den Körper austrocknet, ist mittlerweile wissenschaftlich widerlegt. Was allerdings stimmt: Koffein hat eine harntreibende Wirkung. Manche merken das nach dem Genuss einer Tasse Kaffee und steuern bald die nächste Toilette an. Genau das führte in früheren Zeiten zur Fehlinterpretation von Kaffee als Flüssigkeitsräuber. Dieser harntreibende Effekt wirkt allerdings nur kurzfristig auf den Körper ein und der damit verbundene Verlust von Flüssigkeit wird allein schon durch die Menge an Wasser mehr als ausgeglichen, die mit jedem Kaffeegetränk eingenommen wird. Man verliert also keineswegs mehr Flüssigkeit, als wenn man Tee oder Wasser trinken würde. Kaffee ist also ruhigen Gewissens in die tägliche Flüssigkeitsbilanz einzurechnen. Zudem gewöhnt sich der Körper an den harntreibenden Effekt von Koffein, sodass Menschen, die nur hin und wieder Kaffee genießen, diese Wirkung stärker auffällt als jenen, die regelmäßig ihren Cappuccino genießen. Sinnvoll ist jedoch, das Glas Wasser als Durstlöscher vorher zu trinken und um die Mundhöhle von anderen Geschmäckern zu neutralisieren. So sind die Aromen besser wahrzunehmen.

 

Das obligatorische Glas Wasser zum Kaffee wurde aber auch aus anderen Gründen gereicht. Wo wir heute bequem die Leitung aufdrehen und gutes Trinkwasser bekommen, war das früher anders. Reines Wasser war früher etwas Rares. Wasser musste abgekocht werden, um Keime abzutöten. Als in größeren Städten die ersten Leitungen kamen, aus denen reines Wasser floss, wurde das Glas Wasser zu einer Art Prestige-Sache. Cafés, die etwas auf sich hielten, servierten daher ein Glas dazu, um ihren Gästen zu zeigen, dass sie Kaffee mit klarem Qualitätswasser zubereiteten. So wurde aus einer Modeerscheinung ein lange gepflegter Brauch. Hamburg z.B. ist heute noch stolz darauf und feierte, dass es seine Bürger schon seit über 100 Jahren mit reinem Qualitätswasser aus der Leitung versorgt.

 

Ein Glas Wasser zum Kaffee gab es auch schon früh in ganz anderen Ecken der Welt. In arabischen Wüstengebieten etwa. Dort hatte es jedoch eine ganz andere Bewandtnis: es gab eine traditionelle Reihenfolge, in der Kaffee und Wasser zu trinken waren. Zuerst das Wasser, dann der Kaffee: erst den Durst löschen und den von der Hitze ausgetrockneten Mund von fremden Aromen befreien, dann der volle Kaffeegenuss. In Zeiten der Kolonisation stellte sich dieser Brauch ein probates Mittel für die Wüstenvölker heraus, um westliche Spione zu enttarnen. Europäer hingegen, aufgewachsen bei mäßigen Temperaturen, kannten das Problem eines ausgetrockneten Mundes nicht, waren es also gewohnt, nicht erst den Durst zu löschen sondern gleich zur Tasse Kaffee zu greifen – und haben sich dadurch verraten…

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