Sie sind die zwei wichtigsten Gesichter der Kaffeelust: Thomas und Michael Eckel. Keine Ausgabe ohne ihr Fachwissen. Chef Diplom Kaffee-Sommelier Thomas Eckel ist Experte für alles, was auf der Plantage bis zum Röster passiert. Michael Eckel, Leiter der Kaffee Academy und zertifizierter Profi-Barista, weiß alles über die Prozesse bei der Zubereitung von Kaffee. Von ihnen wollten wir wissen, warum die Leute heute so viel über Kaffee wissen wollen, welches Kaffee-Thema ihr Steckenpferd ist und worüber sie uns in den Ausgaben der nächsten Jahre erzählen werden.

Warum wir so viel über Kaffee wissen wollen

 

zwei in die Kamera lachende Maenner im Portrait Kaffee wissen

 

Was ist das letzte Kaffeewissen-Thema, mit dem du dich beschäftigt hast?

Thomas Eckel: Es sind zwei Bereiche. Ich suche mit Partner-Plantagen Wege, wie man den Ausstoß von CO2-Äquivalenten direkt auf der Farm effektiv reduzieren kann – es ist nachgewiesen, dass auf dem Weg, den Kaffee vom Strauch bis in die Tasse zurücklegt, am Herstellungsort der größte Teil ausgestoßen wird. Das zweite Thema ist die anaerobe Fermentierung. Das ist eine neue Art, mit der Kaffee aufbereitet werden kann.

Da findet in der Kaffeewelt seit den letzten zwei bis drei Jahren eine spannende Phase statt. Eine Menge Knowhow ist dafür nötig, und es gibt so viele Möglichkeiten, wie dieser Prozess weiterentwickelt und variiert werden kann. Mit unserem Kaffee-Partner Pacha Mama erproben wir das gerade, aktuell verkosten wir erste Muster aus Peru. Anaerob aufbereitete Kaffees haben spannend neue und z.T. herausragende Geschmacksprofile. Für den Genuss von Kaffee eine schöne neue Welt.

Michael Eckel: Wasser ist für mich ein Thema, das mich immer wieder beschäftigt. Man muss sich vorstellen, dass ja 99% einer Tasse Filterkaffee aus Wasser bestehen. Dieser Stoff spielt also eine wichtige Rolle. Das Wasser ist dort so weich, dass der Kaffee dort wenig Körper hat, dafür aber die fruchtigen Noten besser in die Tasse bringt. Das ist ein ganz anderes Geschmackserlebnis, wie mit unserem harten Wasser. Die Leute staunen in den Kursen immer wieder, was Wasser ausmachen kann.

 

lachender Mann an einem Kaffeeroester, haelt Hebel in der Hand

 

Die Kaffeelust hat sich in ihren zehn Jahren verändert, wir schreiben mehr denn je über Kaffeewissen-Themen. Das spiegelt die Entwicklung, die insgesamt stattfindet: Kaffee-Blogs und Barista-Kurse sind stark gefragt, die Fragen sind z.T. sehr tiefgehend. Warum wollen die Leute heute so viel über Kaffee wissen?

Thomas Eckel: Fachspezifische Fragen gibt es schon immer. Die sind aber nicht so typisch. Was ich über die Jahre beobachtet habe, sind die Fragen zu 90% immer noch dieselben. Also etwas wie „Welcher Mahlgrad passt für meine French Press“ oder „Wie bereite ich meinen Filterkaffee optimal zu“. Damals, als es mit der Kaffeelust anfing, gab es nur kaum etwas, wohin sich die Leute mit ihren Fragen hätten wenden können. Das Angebot an Plattformen dafür ist heute ungleich viel größer, v.a. digital.

Tatsächlich aber verschieben sich die Interessen auch. Während sich früher kaum jemand für das Thema Reinigung interessiert hat, waren die „Spülregeln“ (eine Anleitung zur Reinigung von Espressomaschinen in Ausgabe 38) einer der meistgelesenen Texte der Kaffeelust überhaupt. Das liegt auch daran, dass viele mit Covid 19 eine Maschine kauften. Die steht nun zuhause, und dazu braucht man Anleitungen.

Michael Eckel: Ich denke, das liegt z.T. auch daran, dass die Leute immer mehr sehen: es gibt auch was anderes als Massenproduktion. Kaffee abseits davon hat ja auch eine ganz andere Qualität. Der kostet natürlich mehr, und dann wollen die Leute eben wissen: wie kann ich diesen Kaffee so gut zubereiten, dass ich diese Qualität in meiner Tasse schmecke? Deshalb sind die Barista-Kurse die meistgebuchten.

Mehr als die Hälfte der Kursteilnehmer hat eine Siebträgermaschine zuhause stehen, Covid 19 hat das angekurbelt. Wenn es wo anders schon nicht ging, wollten sie ihren Kaffee zuhause genießen, bestmöglich und auch um das Urlaubsfeeling nach Hause zu holen, das sie v.a. in Italien immer erleben. Deshalb wollen die Leute so viel wie möglich in diesem Kurs erfahren, buchen hinterher sogar noch Extra-Kurse.

 

lachender Mann an Espessomaschine

 

Welche Rolle kann ein Magazin wie die Kaffeelust spielen? Verbindest du einen Auftrag damit?

Thomas Eckel: Die Kaffeelust erscheint immer zum neuen Quartal. Was ich seit einiger Zeit spätestens zwei Wochen vorher von Kund*innen höre: „Ist sie denn schon da?“ Es fühlt sich an, wie wenn Fans auf den neuen Comic warten. Das zeigt mir, dass speziell die Kaffeelust eine Rolle spielt – wir haben eine große und wertschätzende Leserschaft. Wir erreichen ca. 70.000 Leser*innen. Sie hat den Vorteil, dass sie als gedrucktes Medium griffbereit im Haushalt liegt, in dem viele blättern und sich mit Themen beschäftigen, wie sie es sonst nicht tun.

Deshalb verbinde ich tatsächlich eine Art Auftrag mit der Kaffeelust: einerseits vermittelt sie fundiertes Wissen. Andererseits leben wir in ihr vor, dass Kaffee etwas sein kann, das ganzen Erzeugergemeinschaften auf nachhaltige Weise zu Wohlstand verhilft. Sie erzählt die vielen guten Erfolgsgeschichten unserer Partner-Plantagen, die so niemand sonst erzählt, und schafft eine Verbindung vom Konsumenten zum Erzeuger.

Michael Eckel: Kaffee ist eine emotionale Sache und gleichzeitig ein Thema, zu dem es viele fachliche Fragen gibt, gerade weil wir immer mehr über Kaffee wissen wollen. Ein Kaffee-Magazin sollte deshalb eine gute und ansprechende Mischung sein zwischen Lifestyle und Expertenwissen, so kann man Kaffeetrinker*innen gut erreichen. Darin liegt für mich auch der Auftrag in der Kaffeelust.

 

lachender Mann kniet vor Kaffeesack und haelt zwei gefuellte Haende voller roher Kaffeebohnen in die Kamera

 

Was ist deine Lieblingssparte?

Thomas Eckel: Es ist das Gespräch mit Experten. Ich bin immer gerne bei den Interviews dabei. Unsere Interviewpartner*innen sind Meister ihres Fachs und eröffnen uns Sichtweisen auf andere Produzenten- und Konsumländer, wie man sie sich nirgendwo sonst anlesen könnte. Diese Gespräche erweitern meinen Horizont immer wieder, und ich hoffe, dass wir unsere Leser*innen damit auch abholen.

Michael Eckel: Das Kaffeewissen natürlich! Gerade in Sachen Fachwissen ist es so, dass es rund um Kaffee noch eine Menge zu entdecken gibt. Es gibt unzählige Forschungsarbeiten zur Wassermelone – zu Kaffee, nach Erdöl dem weltweit zweitwichtigsten Handelsgut, gibt es kaum etwas. Wir kratzen also erst an der Oberfläche dessen, was wir noch darüber lernen können. In der Kaffeelust begleiten wir diese Entwicklungen.

 

lachender Mann zwischen zwei Menschen

 

Wenn du an die nächsten zehn Jahre denkst: worüber wird die Kaffeelust berichten?

Thomas Eckel: Wenn ich eine Prognose wage, was die Kaffeewelt in nächster Zeit beschäftigen wird, sieht die folgendermaßen aus: ganz viel wird sich noch beim Thema Milchalternativen tun. Wir werden noch viel über Cold Brew lernen, über Cascara, und neue spezielle Aromen, wie sie durch besondere Methoden Aufbereitungen entstehen, werden uns auch beschäftigen. Was in der Kaffeelust weiter passieren wird: wir werden Kaffee & Nachhaltigkeit weiter thematisieren und den Blick auf die Hersteller.

Michael Eckel: Ziemlich sicher wird die anaerobe Aufbereitung in den buntesten Facetten Thema sein, dazu die Zubereitung von Cold Brew und von Cascara. Gerade zur anaeroben Aufbereitung werden wir geschmacklich neue Türen aufstoßen. Deshalb wird das Thema Sensorik, also die Wahrnehmung von Geschmack, generell umso wichtiger werden.

Die Leute werden auch empfänglicher und sensibler dafür. Aromen wie Apfel oder Haselnuss im Kaffee zu erkennen, wird nicht mehr nur die Sache von Kaffeeexpert*innen sein, auch immer mehr Verbraucher*innen werden ihre Sinne schärfen wollen. Da sind wir auch gerade dabei, diese Sache breiter zu erfassen, z.B. auch wie Kaffee in unterschiedlichem Geschirr schmeckt. Wie schmeckt er aus flachen, dünnwandigen Tassen? Wie aus einem schmalen hohen Glas? Man mag darüber staunen, aber es gibt Unterschiede. Und das wird spannend.